Starter oder Wildes Ferment ?

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Starter oder Wildes Ferment ?

Bei Sauerkraut, Sauren Gurken oder irgendeinem anderen milchsauer eingelegten Gemüse aus dem Supermarkt, handelt es sich in der Regel um ein pasteurisiertes Industrieprodukt. Auch die „Mixed Pickles“ sind in billigem Essig ertränkte Massenware aus nicht ökologischer Landwirtschaft.

Selbst bei Joghurt kann es vorkommen, dass er wärmebehandelt ist und damit kein einziges nützliches Milchsäurebakterium enthält.

Will man lebendige probiotische Nahrungsmittel essen, die ein breites Spektrum an nützlichen Mikroorganismen enthalten, muss man sehr genau die Etiketten studieren und wird nur selten fündig werden oder man muss sich diese lebendigen Nahrungsmittel selber herstellen.

Dabei sollte man nicht die Fehler der Industrie begehen und die Fermente mit Startern ansetzen.

Was spricht gegen Starter ?

Ungeduldige oder ängstliche Fermentierer tendieren dazu, Molke aus ihren Milchprodukten (Joghurt oder Milchkefir) oder Lake ihrer fertigen Gemüsefermente als Starterkultur in ihren Gemüseansatz geben zu wollen, damit die Fermentation schnell in Gang kommt oder damit auch ja die richtigen Bakterien das Ferment besiedeln.

Molke als Starter ?

Die Überlegung, die hinter dem möglichen Molkeeinsatz steht: In den fermentierten Milchprodukten sind jede Menge Milchsäurebakterien und das sind die Bakterien, die aus dem Weißkohl Sauerkraut werden lassen.

Was dabei übersehen wird: Die Milchsäurebakterien in den Milchprodukten und die Milchsäurebakterien auf dem Gemüse sind nicht identisch. Es nützt also nicht, diese „falschen“ Bakterien aus den Milchprodukten für die Fermentation der Gemüse an den Start zu bringen.

Gerne wird weiterhin das Argument gebracht, dass die Säure der Molke die Fermentation sicherer macht und in die richtige Richtung drängt. Dabei muss man aber bedenken, dass die erste Phase der Gemüsefermentation gar nicht sauer abläuft und dass man mit der Zugabe von Säure diese erste Phase mit dem Milchsäurebakterium Leuconostoc mesenteroides unterdrücken beziehungsweise überspringen würde. Dadurch gehen dem Ferment wichtige Produkte, Moleküle und damit wichtige Aromen verloren.

Lake als Starter ?

Was tun mit der Lake, wenn die Gurken aufgeknabbert sind ? Wer denkt, dass sich mit dieser Lake leicht das nächste Ferment ansetzen lässt, befindet sich im Irrtum.

Fermentation ist ein Prozess und im Laufe dieses Prozesses kommen unterschiedliche Bakterienstämme zum Zug. Es liegt eine Abfolge oder Sukzession vor: Am Anfang befinden sich andere Bakterien im Ferment als am Ende.

Man kann mit dem Endprodukt der Fermentation nicht den Anfang erzeugen, ohne dass typische und leckere Aromen beziehungsweise Fermentationsprodukte im fertigen Ferment fehlen.
Wie bei der Verwendung von Molke gilt auch hier: Wer nicht akzeptiert, dass fermentiertes Gemüse „slow food“ ist, beraubt sich um das bessere Geschmackserlebnis mit der größtmöglichen Diversität an Mikroorganismen.

Nur wer wild fermentiert und der Natur ihre volle Entfaltung durch den puren Einsatz von Gemüse, Gewürzen und unraffiniertem Meersalz ermöglicht, erzeugt Fermente, die diesen Namen auch verdienen.

11 Gedanken zu “Starter oder Wildes Ferment ?

  1. Pingback: 7 Gründe für die Fermentation - Schnelles Grünzeug

  2. Ich möchte nun auch mit dem Fermentieren beginnen, habe aber eine Frage zu dem Fermentieren in Gläsern.
    Muss das angesetzte Glas im Dunklen stehen oder spielt das keine Rolle?
    Bei Sauerkraut steht oft, dass es dunkel stehen muss, aber hier auf ‘wildefermente.de’ finde ich nichts über Dunkelheit!
    Ich freue mich über jede Hilfe!
    Stina

    • Hallo Stina,
      Ein einziger Blick in meinen letzten Blogbeitrag (Sternaniskarotten) mit Jeanshose über dem Glas beantwortet Deine Frage. Auch im Text ist explizit ewrwähnt, dass das Glas dunkel aufgestellt werden soll. Überhaupt taucht der Hinweis, dass die Gläser dunkel aufgestellt werden sollen immer wieder in den Rezepten auf.
      Herzliche Grüße,
      Barbara

  3. Hallo Barbara, ich bin erst durch Deine Seite wieder auf das wilde Fermentieren gekommen. Hatte davor angefangen Starter, Molke oder EMs dazu zu geben, aber war nicht wirklich glücklich mit dem Ergebnis. Jetzt fermentier ich wieder langsam und “wild” und bin sehr begeistert. Dankeschön für die Infos und die Inspiration!
    Vera

  4. Hallo,

    ich hatte schon öfter selber versucht Sauerkraut herzustellen und finde es schmeckt oft etwas “muffig”. Deswegen hatte ich geguckt, ob man vielleicht einen Starter verwenden sollte, aber davon rätst du ja ab. Kannst du mir vielleicht sagen, woran das liegt, dass das Ferment nicht so “säuerlich prickelig frisch” schmeckt wie gekauftes Sauerkraut, sondern diesen muffeligen Geschmack (also es ist nicht schlecht oder verfault sondern wirklich einfach muffig)? Das würde mich freuen, danke:)

    • Hallo Jojo,
      Ferndiagnosen funktionieren nicht.
      Ich weiß von deiner Vorgehensweise, den Zutaten, Behältnissen, Bedingungen (Zeit, Temperatur) nichts.
      Du kannst das nur selbst herausfinden.
      Alles andere wäre unwissenschaftlich.
      Gutes Sauerkraut wird ab September produziert und sollte sechs Wochen arbeiten.
      Herzliche Grüße,
      Barbara

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