Wie funktioniert wilde Fermentation? Was ist Milchsäuregärung?

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Wer zu Hause Gemüse wild fermentieren möchte, braucht nur wenige Zutaten: ein Gefäß, unraffiniertes Meersalz und Gemüse und Wasser, wenn man zum Beispiel Gurken fermentieren möchte.

Woher nehmen wir die wilden Milchsäurebakterien, die das Gemüse fermentieren sollen?

Milchsäurebakterien kommen überall vor und deshalb gelingt es uns so leicht, jedes Gemüse wild zu fermentieren. Ob auf der Oberfläche von Pflanzen, in der Milch, auf unserer Haut oder in unserem Körper: die Milchsäurebakterien sind überall präsent. Ihre Anwesenheit verhindert die Entwicklung von Fäulniserregern, krank machenden Bakterien und Pilzen.

Für den Fermentationsprozess wird Gemüse in ein Gefäß gegeben und unter eine zweiprozentige Salzlake gedrückt. In der sauerstoffarmen Umgebung unter der Flüssigkeitsoberfläche sind die Milchsäurebakterien den anderen Mikroorganismen überlegen und können sich schnell durchsetzen und vermehren.

Auch das Salz wirkt selektiv: Einerseits verhindert es anfangs das Wachstum vieler unerwünschter Bakterien und andererseits ermöglicht es die Vermehrung der Milchsäurebakterien, da Milchsäurebakterien bis zu einem gewissen Grad salztolerant sind.

Die Milchsäurebakterien leben von den im Gemüse enthaltenen Kohlenhydraten und bauen diese zu Milchsäure ab. Die Milchsäure wiederum konserviert das fermentierte Gemüse und verleiht ihm seinen einzigartigen sauren und erfrischenden Geschmack. Durch den Abbau der Kohlenhydrate ist fermentiertes Gemüse nicht nur kalorienarm, sondern auch für Diabetiker geeignet.

Die wilde Fermentation von Gemüse verläuft in zwei Phasen, wie hier am Beispiel des Sauerkrautes erläutert wird:

Bei der Sauerkrautherstellung entweicht durch drücken und stampfen des fein geschnittenen und gesalzenen Weißkohls die Luft und der Zellsaft tritt aus. Dieser Zellsaft ist Nahrung für die Mikroorganismen, die die erste Gärphase einleiten und außerdem bildet dieser ausgetretene Zellsaft zusammen mit dem Salz die Salzlake, unter die wir den Kohl drücken müssen, damit kein Sauerstoff herankommt.

Bei der ersten Gärphase, die circa zwei Tage dauert, wird der vorhandene Sauerstoff verbraucht und die Kohlendioxid-Produktion beginnt. Wir können dies an den aufsteigenden Bläschen erkennen. Diese erste Gärphase soll möglichst schnell in Gang kommen und deshalb ist eine Raumtemperatur von 20 bis 22 °C optimal.

Ab Tag drei beginnt die eigentliche Milchsäuregärung, die Milchsäurebakterien werden also aktiv. Im Laufe der nächsten Tage sorgen die Milchsäurebakterien und Hefezellen für die Konservierung und Aromatisierung des Sauerkrautes. Bei Gurken und gleichartigen Fermenten kann man eine Trübung der Salzlake gut erkennen.

Im Schnitt ist die Milchsäuregärung nach 10 bis 20 Tagen beendet. Allerdings brauchen die meisten Gemüsefermente zwei bis drei Wochen bis zur vollen Reife, Sauerkraut braucht sogar vier bis sechs Wochen.

 

34 Gedanken zu “Wie funktioniert wilde Fermentation? Was ist Milchsäuregärung?

    • Hallo Stefan,

      bei Möhrensticks bezieht sich die Prozentangabe auf die Lake. Man setzt eine zweiprozentige Lake an und übergießt damit die Möhrensticks. 20 g unraffiniertes Meersalz in einem Liter Leitungswasser auflösen und fertig ist die Lake.

      Wenn man sich die Lake erknetet, wie beim Sauerkraut, beziehen sich die 2 % auf das Gewicht des geschnippelten Kohls. Auf 1 Kilo geschnippelten Kohl kommen 20 g unraffiniertes Meersalz. Durch den Massage- und Knetvorgang entsteht die Lake.

      Ich erläutere die Vorgehensweise explizit in jedem Gemüseferment. Keine Bange!

      Herzliche Grüße, Isa

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  4. Hallo,
    sehr interessanter Bericht!!!
    Ich stelle mir jedoch die Fragen, ob bei wilden Fermenten auch Alkohol als Nebenprodukt entstehen kann…
    Oder wird durch den Ausschluss von Sauerstoff vermieden, dass eine alkoholische Gärung stattfindet?

    Viele Grüße

    • Hallo Michael,
      der Blogbeitrag bezieht sich explizit auf Gemüse und Milchsäuregärung. Natürlich entsteht bei der spontanen wilden Fermentation von überreifen Früchten Alkohol. Auf Obst sitzen jede Menge wilder Hefen, die die Kohlenhydrate in Alkohol umwandeln (Alkoholische Gärung). Das hat in der Natur mitunter lustige Auswirkungen: https://www.youtube.com/watch?v=mRvT3m5eBUQ
      Liebe Grüße,
      Isa
      PS Check mal Deine E-Mails, danke.

  5. Hey Isa,
    ich liebe das Rezept mit Kurkuma und Ingwer :). Nur leider hat mich deine Antwort auf Michaels Frage ein wenig nachdenklich gemacht. Wie sieht es denn bei Ingwer mit der Entstehung von Alkohol aus. Und wie kann der Alkoholgehalt hierbei bzw. generell verhindert werden?

    (Und übrigens tolles Video :D)
    Liebste Grüße, Aruna

    • Hallo Aruna,
      Gegenfrage: Wie sehr schmeckt denn dein Ingwer-Kurkuma-Ferment nach Alkohol? 😉 Wenn dir das Ferment zu stark fermentiert, solltest du es früher ausbremsen und in den Kühlschrank stellen. In meiner Wohnung ist das nur bei extrem heißen Temperaturen im Hochsommer der Fall.

      Liebe Grüße,
      Isa

      • Naja für mich ist das nich so relevant aber für meinen Sohn ;). Somit wäre es gut, wenn es 0 % enthalten würde. Wenn ich es ausbremse, indem ich es in den Kühlschrank stelle, würde es erneut beginnen zu fermentieren, wenn ich es wieder raushole und auf Zimmertemperatur belassen würde? Und wo befinden sich denn diese freien Hefen und die Milchsäurebakterien? Sind die immer an der Außenschicht der Wurzel/Frucht, oder sind Milchsäurebakterien auch IN der Frucht/Wurzel?
        Liebe Grüße, Aruna

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  7. Hallo,

    leider kann ich im Web nichts finden, wie der Salzgehalt bei fermentiertem Gemüse ist. Es wird ja gesagt, dass ein erhöhter Salzgebrauch Herzerkrankungen fördern kann, insbesondere wenn bereits z.B. hoher Blutdruck besteht. Geht von fermentiertem Gemüse eine Gefahr aus?

  8. Heyho

    Ich habe mir gerade zum ersten mal Rote Bete zum fermentieren angesetzt.
    Es ist alles schön unter Luft Abschluss. Aber zwischen den Rote Bete Stückchen sind kleine Luftblasen. Ist das schlimm? Wenn ja, wie bekomme ich die da raus? Oder ist das bloß CO2?

    • Hallo Robert,
      CO2 hast du nicht sofort. Die richtigen Bakterien müssen erst einmal den Restsauerstoff aufbrauchen, dann auf Gärung umschalten und im nächsten Schritt ausrreichend CO2 Bilden = happy bubbles ° o O o ° °°. Das dauert etwas.
      Wenn direkt nach dem Packen des Glases Blasen drin sind, musst du das ändern. Glas öffnen und zum Beispiel mit einem Essstäbchen so drin rumstochern, dass die Luftblasen aufsteigen.
      Herzliche Grüße,
      Barbara

  9. Hallo Isa, eine tolle Homepage hast du hier. Ich wünschte, ich hätte sie als Anfängerin schon eher gefunden….!

    Eine Frage habe ich doch noch: wenn mein Ferment fertig ist (ich habe bisher Sauerkraut in verschiedenen Variationen hergestellt), muss es dann im Kühlschrank auch “unter Saft” stehen bzw. mit einem Beschwerungsstein runtergedrückt werden? Der Sauerkrautsaft wird ja beim Entnehmen immer weniger, sollte da mit Salzlake wieder aufgefüllt werden?

    Schon mal im Voraus vielen Dank für deine Antwort und schöne Grüße aus dem Rheinland!
    Ulrike

    • Liebe Ulrike,
      unter der Lake ist immer alles sicher. Das Kraut also immer gut unter die Lake drücken und im Zweifelsfall mit 2%iger Lake auffüllen. Herzliche Grüße,
      Barbara

  10. Hallo!
    Wovon hängt die Fermentationsdauer ab? Gibt es eine Richtlinie welches Gemüse wie lange ungefähr braucht?
    Danke!
    LG Rainer

    • Lieber Rainer,

      Faktoren, die den Fermentationsprozess von Sauerkraut beeinflussen, sind folgende bekannt:
      .
      Eigenschaften des Rohmaterials:
      Kohlsorte
      Qualität (Frischware oder Lagerware)
      Menge der Trockenmasse
      Anteil fermentierbarer Kohlenhydrate
      Vitamin C-Gehalt
      ph-Wert
      Pufferkapazität
      .
      Mikrobielle Faktoren:
      Spontanflora auf dem Kohl
      Heimflora auf Gerätschaften
      Bakteriophagen
      Reste von Pflanzenschutzmitteln
      .
      Technologische Faktoren:
      Menge des zugesetzten Salzes
      Zerkleinerungsgrad des Krauts
      Größe und Material des Fermentationsbehälters
      Temperatur des Rohmaterials

      Quelle: Handbook of Fermented Functional Food, 2. Auflage, Seite 399 (eigene Übeesetzung)
      Ich schätze, dass im privaten Bereich der Kohlenhydratgehalt des Gemüses und die Temperatur den größten Einfluss ausüben. Die Fermentationszeiten stehen in den jeweiligen Rezepten.
      Eine Gewisse Zeit sollte das Gemüse schon fermentiert sein, denn du möchtest, dass die guten Bakterien die “Herrschaft” über das Mini-Ökosystem an sich gerissen haben. Roundabout drei Wochen ist ein guter Richtwert für Gemüsefermente. Die meisten Fermente werden mit der Reifung besser, ausgewogener. Sauerkraut reift bei mir mindestens sechs Wochen.
      Herzliche Grüße,
      Barbara

      • Danke für die ausführliche Antwort!
        Dass der Kohlenhydratgehalt einen großen Einfluss hat, habe ich eh schon vermutet. Aber ich habe mich gewundert, dass Kimchi schon nach 5 Tagen fertig ist, während Sauerkraut 6 Wochen braucht. Liegt das etwa an den anderen Zutaten? Bzw. würde Chinakohl als “normales” Sauerkraut verarbeitet auch so lange brauchen?

        • Lieber Rainer,
          es gibt Menschen, die essen nur drei Monate altes Kimchi.
          Und es gibt Leute, die nur drei Wochen altes Sauerkraut mögen.
          Salsa schmeckt nach ein paar Tagen Fermentationszeit am besten. Das empfinde ich so und viele andere auch.
          Du bist neugierig? Mach Experiemnte mit Chinakohl.
          Liebe Grüße,
          Barbara

  11. Hallo Barbara,

    ein echt toller Blog! Weiter so…
    Ich will mich jetzt auch mal langsam daran machen, das Eine oder Andere zu fermentieren. Aber wie geht es dann weiter:
    Wie macht man das am Besten nach Abschluss der Fermentation? Muss ich dann bei der Entnahme sehr hygienisch vorgehen, oder muss alles nur weiterhin unter der Lake bleiben? Wie ist das dann bei der Hot Sauce?
    Macht es vielleicht Sinn eher mehrere kleine Portionen zu machen, sodass jede Portion schneller aufgebraucht ist?

    • Hallo Oliver,
      alles muss immer unter der Lake sein. Nicht aus dem Glas essen. 😉
      Die Hot Sauce fülle ich in zwei 750 ml fassende Bügelgläser um und stelle diese in den Kühlschrank. Das funktioniert einwandfrei.
      Herzliche Grüße,
      Barbara

  12. Hallo Isa,

    spitzen Blog der mich angefuchst hat nun einige Fermente selbst anzusetzen.

    Unklarheit herrscht bei mir aber noch welche Fermentationsdauer optimal für einen maximalen probiotischen Effekt ist. Ist das sechs Wochen gereifte Sauerkraut einem 5-7 Tage gereiften Chinakohl deutlich überlegen? Sind auch 10-tägige Radieschen schon besser als etwas das nur 7 Tage gereift ist? Was würdest du denn für die Darmsanierung empfehlen, wenn man nicht unbedingt 6 Wochen aufs Sauerkraut warten mag?

    Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Lake am Ende Milchsäure aber nicht unbedingt Bakterien enthält (die sind am Gemüse)?

    Würde mich über eine Antwort sehr freuen.

    Gruß
    Christian

    • Hallo Christian,
      mein Credo: Wilde Fermente so divers wie möglich verzehren, dann sind alle Eventualitäten abgedeckt. Auch in der Lake sind Milchsäurebakterien, deshalb wird sie ja trüb. Ich esse die verschiedensten wild fermentierten Gemüsesorten (auch unterschiedlich lang fermentiert), stelle Milchkefir und Joghurt her und benutze selber hergestelltes Miso. Im heißen Hochsommer gibt es stark verdünnte Lake als isotonischen Durstlöscher.
      Weniger Mikromanagement der Probleme und Fragen, stattdessen mehr Genuss!
      Herzliche Grüße,
      Barbara

  13. Hallo Isa, ich fange gerade an mit dem Fermentieren und mir scheint, ich finde hier die wichtigsten Informationen um zu verstehen und nicht nur Rezepte abzuarbeiten. Vielen Dank dafür.
    Herzliche Grüße von tom

  14. wenn ich Milchsaure Fermentation mache, entsteht dann auch alkoholische Gaerung – und wenn ja, wann und warum, und wie kann ich das vermeiden? Vielen Dank fuer eine klare Antwort! D.

  15. Hallo, ich habe vorhin mein Rotkohl-Ferment – nach sieben Tagen – Fermentierung geöffnet. Es hat in den ersten 4 Tagen ordentlich geblubbert. Danach war jedoch Ruhe im Glas.
    Beim Öffnen des Glases hat es vorhin nicht gezischt. Es duftet würzig , sieht gut aus und schmeckt auch nicht schlecht. Ist es normal, dass das Glas beim Öffnen auch mal nicht zischt? Oder ist das kein gutes Zeichen? Bin doch etwas verunsichert. Würde mich über eine kurze Antwort freuen. Danke, Peter

    • Hallo Peter,
      wenn das Glas schon sehr lang steht, hat sich aller Überdruck auf natürliche Weise abgebaut. Das Glas hat ja Ritzen. Das Gas kann entweichen. Das Glas muss beim Öffnen nicht zischen.
      Herzliche Grüße,
      Hallo aka Barbara

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